2. Geschichte

Geschichte des Wing Tsun

Ng Mui

Das Wing Tsun Kung Fu entstand vor ca. 350 Jahren, als die Mandschu China eroberten. Nach einem Überfall feindlicher Truppen rettete sich die 18-jährige Ng Mui als einzig Überlebende ihrer Familie in die Wildnis. Wie für Mitglieder einer wohlhabenden Familie üblich, war Ng Mui vertraut mit dem Schwertkampf, dem Reiten und dem Kung Fu. Versteckt in der Wildnis studierte sie ausführlich das Jagd- und Kampfverhalten von Tieren. Der einbeinig stehende Kranich etwa zeigte ihr, dass ein stabiler Stand ideal für eine Kampfposition ist. Solche Erkenntnisse begann sie in ihr Training einzubauen

>> The Story of the creator of Wing Chun Ng Mui


Shaolin Kung Fu  

Fern ihrer Heimat Peking fand sie in einem Kloster der buddhistischen Shaolin-Mönche Unterschlupf, die als die besten Kämpfer in ganz China galten. Hier durfte Ng Mui mittrainieren. Sie verstand schnell, dass ein Schwächerer einen stärkeren Gegner nicht mit Kraft bekämpfen kann, wohl aber mit gezielten, effektiven Gegenangriffen gegen verletzliche Körperstellen. Sie entwickelte Shaolin-Techniken weiter zu einem eigenen Kampfstil und stieg damit in den Kreis der Meister des Klosters auf. Durch ein Feuer, das ein Verräter gelegt hatte, gelangten feindliche Truppen in die Festung. Ng Mui und die Shaolin kämpften tapfer gegen die haushohe Übermacht. Nur eine Handvoll Mönche sowie die Meister konnten entkommen.

Yim Wing Tsun

Auf ihrer erneuten Flucht begab sich Ng Mui nun in den äußersten Westen Chinas. Sie lebte zurückgezogen und feilte weiter an ihrer Kampfmethode. Ihr kam die Idee, die Bewegungen und die Kraft der Gegner zu nutzen und perfektionierte letztendlich mit diesen Prinzipien einen überlegenen, völlig neuen Kampfstil. Ng Mui hielt ihre Kenntnisse geheim und machte nie Aufzeichnungen. Sie wollte verhindern, dass ihr Wissen Feinden in die Hände fiel und vertraute es schließlich nur dem Mädchen Yim Wing Tsun an, die ebenfalls auf der Flucht vor den Mandschu war. Mit ihr begann die lange Linie der Kämpfer, die Ng Muis Vermächtnis weitertrugen. So gab Yim Wing Tsun ihr Wissen an ihren Mann weiter, der den Kampfstil zu ihren Ehren nach ihr benannte: Wing Tsun – Schöner Frühling.

Ching PeiPei als Ng Mui (Spielfilm Foto)
Yip Man, Originalfoto

Yip Man

Über Generationen hinweg wurde der Wing Tsun Kampf Stil weitergereicht, bis Yip Man die heute bekannteste Wing Tsun Linie begründete.

Yip Mans Schüler

Bruce Lee
Der Schauspieler Bruce Lee, ist der wohl berühmteste Schüler von Yip Man seiner Zeit. Er wurde kein Meisterschüler, hatte aber schon viele Jahre trainiert, war ein guter Kämpfer und konnte polarisieren. Die Filmwelt war begeistert. Bruce Lee zeigte erstmalig vor der Kamera schnelle, kurze, höchst effektive Techniken aus dem Wing Tsun. Man verlangte immer wieder von Bruce Lee er solle langsamer für die Kamera machen, weil seine Techniken fürs bloße Auge einfach viel zu schnell waren. Das machte Bruce Lee legendär.

 Bruce Lee im Chi-Sao Training mit Yip Man
Bruce Lee im Chi-Sau-Training mit Yip Man

Leung Ting
Zu Yip Mans bekanntesten Schülern, die sich in Kampfkunstkreisen einen Namen gemacht haben, gehören u.a. seine zwei  Söhne Yip Tsun und Yip Ching und sein Meisterschüler und offizieller Nachfolger Leung Ting. Leung Ting ist der heutige Great Grandmaster of Wing Tsun, er hat den 10. Meistergrad und ist der amtierende internationale Cheftrainer der Wing Tsun Organisation ( IWTO).
>> Leung Ting Kampfkunstschule in Hongkong RTL Doku (Das VIDEO öffnet in neuem Tab).

Leung Ting an der Holzpuppe
(Hochgraduierte Trainingsmethode)

Verbreitung des Wing Tsun

Leung Ting gab sein Wing Tsun Wissen als erster Chinese an einen Europäer weiter, an Keith R. Kernspecht, der sein Meisterschüler wurde. Si-Gung Keith R. Kernspecht hat den 10. Meistergrad und ist Cheftrainer für Europa.

EWTO

Keith R. Kernspecht brachte den Leung Ting Stil 1976 nach Deutschland.

Inzwischen ist die EWTO (Europäische Wing Tsun Organisation) der weltgrößte Verband in einem chinesischen Kampfstil.

Keith R. Kernspecht

In Europa gibt es heute

ca.

3000

Schulen

ca.

50000

Mitglieder


3. Kampfkunst

Die Kunst des Kämpfens

Wing Tsun ist ein in sich geschlossenes Kampfsystem. Man folgt bestimmten Prinzipien, die auf Logik und Physik aufgebaut sind.

Ein Schlag, ein Stoß oder ein Tritt hat immer eine Richtung -> eine Kraftlinie. Eine Bewegung von A nach B.

Je mehr Energie in diese Bewegung gelegt wird, desto später lässt sie sich wieder stoppen. Wie die Bremsspur eines schnellen Wagens. Die Richtung bleibt.

Die Kunst ist nun, diese Schlagrichtung blitzschnell zu erkennen und zu reagieren im Sinne der Wing Tsun  Prinzipien und der Wing Tsun Kraftsätze. Die Kraftlinie wird freigegeben, oder leicht umgeleitet und an einer anderen Stelle für den Gegenangriff ausgenutzt.

Prinzipien und Kraftsätze

Vier Prinzipien

  1. Ist der Weg frei, Stoß vor
  2. Entsteht Kontakt, Bleib kleben
  3. Ist der Druck zu stark, Gib nach
  4. Zieht der Gegner zurück, Folge ihm

Vier Kraftsätze

  1. Mache Dich frei von der Kraft des Gegners
  2. Mache Dich frei von deiner eigenen Kraft
  3. Nutze die Kraft des Gegners
  4. Füge Deine eigene Kraft hinzu

Gleichzeitigkeit

Grundsätzlich sind die vier Prinzipien unabhängig voneinander. Denn es ist durchaus möglich mit einem Arm einen Angriff auszuführen („Stoß vor“) und gleichzeitig mit einem anderen Arm einem starken Angriff des Gegners nachzugeben („Gib nach“). Man könnte sich diese Gleichzeitigkeit in etwa so vorstellen: Eine Ohrfeige kommt auf Dich zu. Du kontaktierst mit Deiner Hand den gefährlichen Arm. Du spürst, dass seine Kraft stark ist und gibst den Weg mit einer kleinen Drehung frei. Du schlägst gleichzeitig mit der anderen Hand zu (= Drehtüreffekt – Kraft wird umgeleitet)

Weicher Kampfstil

Im Gegensatz zu den harten kraftbetonten Kampfstilen, zielen weiche Stile darauf ab, der Kraft des Gegners geschickt nachzugeben. Der weiche Verteidiger lernt sich die Kraft und Schnelligkeit des Angreifers zu borgen und ihn aus dem Gleichgewicht und aus dem Konzept zu bringen.


4. Chi Sau

Chi Sau

Das Herzstück des Wing Tsun ist das „Chi Sau“ („Klebende Arme“)

Chi Sau Trainig

Man trainiert mit dem Trainingspartner im engen Kontakt. Die Arme kleben förmlich aneinander. Man möchte genau fühlen, was der Andere mit seinen Armen macht. Denn Fühlen geht schneller als Sehen – ein direkter Impuls ohne Zeitverzögerung.  Zielt der Gegner auf Dich, wird der Schwung umgeleitet, an Dir vorbei, der Gegner schlägt ins Leere. Zieht der Gegner zurück, lässt sein Druck nach, ist Platz für den eigenen Angriff.

Fühlen geht schneller als Sehen

Diese Trainingsmethode wird auch blind geübt, so dass allein durch Fühlen die Reaktionen entstehen. Mit der Zeit sind die Arme schneller als der Geist (Reflextraining). Man vergleicht auch gerne die Arme mit peitschenden Ästen. Wenn ich durch einen dichten Wald gehe und einen Ast aus dem Weg biege, lasse ich ihn erst los, wenn ich nicht mehr in seiner Schwunglinie stehe. Ich fühle genau in welche Richtung der Ast seinen Schwung ausüben wird. Da es in einer ernsthaften Auseinander­setzung ohnehin schwer sein wird viel nachzudenken, ist ein vorheriges Reflextraining von äußerstem Vorteil.


5. Praxis

Praxis

Bedrohungen auf der Straße

Frauen sind häufig Übergriffen von Männern ausgesetzt. Mein Beitrag zur Abhilfe dieser Problematik ist der Selbstverteidigungsunterricht, den ich anbiete. Wing Tsun für Frauen – eine Kampfkunst die schnell, direkt und sehr effektiv ist. Um den Frauen eine optimale Voraussetzung für den Ernstfall zu bieten, trainiere ich mit ihnen „hautnah“ und zielgerichtet nachgestellte Angriffe von Männern. In meinen Kursen lernen die Teilnehmerinnen bedrohliche Situationen realistisch einzuschätzen und über entsprechende Lösungsmöglichkeiten zu verfügen. Beim Wing Tsun für Frauen werden daher hauptsächlich Techniken erlernt, die den Angreifer in kürzester Zeit wirkungsvoll kampfunfähig machen. Die sicherste und schnellste Methode dazu ist auch unter dem Namen Blitzdefence bekannt geworden.

Selbstverteidigung in Notfall Situationen

In einer Auseinandersetzung entscheidet zum großen Teil die innere Einstellung. Solange der Aggressor nichts zu befürchten hat, gibt es auch keinen Grund für ihn aufzuhören. Wer jedoch entschlossen ist, sich im Notfall heftig zu wehren, für den Angreifer selbst gefährlich und ungenießbar zu werden, hat schon viel gewonnen.

Die häufigsten Angriffe

Im Training probieren wir die häufigsten Bewegungsabläufe möglicher Angriffe aus. Zugriff mit rechts, mit links, mit beiden Händen, Schlag von links, von rechts, von vorn. Packen und Umklammerung von hinten. Handgelenke festhalten. Würgen von vorne von hinten, Stoßen Schubsen, Ziehen, Weg versperren. Auf alles wird eine passende Abwehr- Befreiungs- und Konterbewegung eintrainiert. Das Wiedererkennen der verschiedenen Angriffsbewegung des Gegners ist der Schlüssel für die eigene Handlungskompetenz. Fast keine Angriffsart wird die Frauen noch überraschen. Auch nicht, wenn die Angreifer zu zweit sind.

Effektive Kampftechnik gegen zwei Gegner

Erst den Einen attackieren, dann den Anderen – Vorsicht Zwickmühle – Überblick behalten – Kämpfen ohne Unterlass

Wichtigster Merksatz: Vorsicht Zwickmühle! Lass Dich nicht einkreisen, geh außen vorbei. Und wenn´s drauf ankommt – attackiere einen nach dem anderen. Behalte während des Kämpfens den Überblick – wo ist der zweite Mann? Kämpfe ohne Unterlass. Besser Du bist am Zuge als die.

Entscheide schnell, umsichtig, trickreich mit vollem Einsatz. Der Kampf ist erst zu Ende, wenn du sicher fliehen kannst.

Durch das Situationsspiel werden die Frauen aufmerksam, vorsichtig und selbstsicherer. Für den Ernstfall gewappnet.


6. Flyer

Flyer

Mein aktueller Flyer

Realistische Selbstverteidigung muss schnell und effektiv sein. Körpergröße und Kraft dürfen hierbei keine entscheidende Rolle spielen. Der Kampfstil des Wing Tsun macht es möglich, die Kraft des Gegners zu nutzen und gegen ihn selbst zu richten.
Flyer, DIN A6, einseitig


7. Notwehrrecht

Notwehr­recht

Die straf­rechtliche Seite der Selbst­verteidigung

Die folgenden Hinweise zur Rechts­lage behandeln das Thema nicht erschöpfend und sollen nur deutlich machen, dass man sich nicht alles gefallen lassen muss, aber auch nicht alles erlaubt ist.

Grundsätzlich wird bestraft, wer einen anderen vorsätzlich oder fahrlässig körperlich verletzt oder gar tötet. Auch Freiheitsberaubung (z. B. durch längeres Festhalten des Gegners) oder Sachbeschädigung (z. B. bei zerrissener Kleidung) sind grundsätzlich strafbar. Ausnahmsweise wird nicht bestraft, wer eine „durch Notwehr gebotene“ Tat begeht. „Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden“ (§32 StGB).

Folgende Voraussetzungen sind zu beachten:

Der Angriff kann auf das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Bewegungs­freiheit, das Eigentum, den Besitz oder ein anderes Rechtsgut, z. B. die persönliche Ehre oder das Recht am eigenen Bild abzielen. Der Angriff kann gegen Dich, Deinen Begleiter oder einen Fremden und sogar gegen einen Abwesenden (z. B. Aufbrechen eines geparkten Autos) gerichtet sein. Er kann mit oder ohne Waffe erfolgen und von einem oder mehreren Menschen ausgehen. Bloße Belästigung ist kein Angriff.

Gegenwärtig ist nicht nur der Angriff, der bereits begonnen hat (z. B. wenn der Angreifer zuschlägt), sondern auch der unmittelbar bevorstehende Angriff (z. B. wenn die Angreifer ihr Opfer einkreisen; wenn der Angreifer zum Schlag ausholt; wenn der Angreifer zur Waffe greift). Auch der noch nicht abgeschlossene Angriff ist gegen­wärtig (z. B. wenn der Räuber mit der Handtasche davonläuft). Gegen einen endgültig abgeschlossenen Angriff gibt es keine Notwehr (z. B. wenn sich der Schläger eindeutig zurückzieht, oder wenn er bereits kampfunfähig ist), bloße Vergeltungsmaßnahmen sind keine Notwehr und strafbar.

Angriffe, d. h. Verletzungen fremder Rechtsgüter, sind in aller Regel rechtswidrig. Wichtigste Ausnahme: wenn ein Polizeibeamter einen Tatverdächtigen festnimmt, ist dieser Angriff auf die Bewegungsfreiheit nicht rechtswidrig, selbst wenn der Festgenommene unschuldig ist.

Verteidigung ist die Abwehr eines gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriffs. Zur Verteidigung zählt nicht nur die reine Abwehr von Schlägen (z. B. durch Pak Sao), sondern auch der Gegenangriff (z. B. der Fauststoß), der einem unmittelbar bevorstehenden ersten oder weiteren Schlag des Angreifers zuvorkommen soll. Zur rechtmäßigen Notwehr gehört auch der Wille, sich oder einen anderen zu verteidigen. Es macht nichts, wenn neben dem Verteidigungswillen auch Wut und Vergeltungsstreben eine Rolle spielen; allerdings kann sich nicht mehr auf Notwehr berufen, wer hauptsächlich aus Wut, Hass oder Rache zuschlägt.

Rechtmäßig ist nur die Verteidigung, die zur Abwehr eines gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriffs erforderlich, d. h. notwendig ist. Welche Verteidigungsmaßnahmen und ggf. Verletzungen des Angreifers erforderlich sind, hängt von allen Umständen des Einzelfalls im Augenblick des Angriffs ab, also vor allem von Größe, Gewicht, Stärke, Bewaffnung, Aggressivität und Fähigkeiten des Angreifers, von der Anzahl der Angreifer und von den eigenen Verteidigungsmöglichkeiten bzw. (falls ein anderer angegriffen wird) von den Fähigkeiten des Angegriffenen. Die jeweilige Kampflage bestimmt Art und Maß der Notwehr. Wenn der Angriff durch einen leichten Tritt oder Fauststoß sicher abgewehrt werden kann, darf der Angreifer nicht krankenhausreif geschlagen werden!

Wenn mehrere wirksame Verteidigungsmittel zur Auswahl stehen, muss dasjenige gewählt werden, das den Angreifer am wenigsten verletzt. Der Angegriffene braucht aber kein eigenes Verletzungsrisiko einzugehen, um den Angreifer zu schonen, sondern darf auf „Nummer sicher“ gehen. Vor allem wenn man, was oft der Fall sein wird, gar nicht die Zeit hat, die Kampflage eingehend zu prüfen, und wenn man die kämpferischen Fähigkeiten des Angreifers nicht zuverlässig einschätzen kann, darf man sich für eine sichere, erfolgversprechende Verteidigungshandlung entscheiden.

Die Erforderlichkeit der Verteidigung hängt nicht davon ab, dass das angegriffene Rechtsgut (z.B. ein Geldbeutel) mehr wert ist als das durch die Verteidigung verletzte Rechtsgut des Angreifers (z. B. seine Gesundheit); allerdings darf auch kein unerträgliches Missverhältnis bestehen, z. B. darf man einen Räuber, der einem 5,-Euro weggenommen hat, auch dann nicht töten, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, um sein Geld zurückzubekommen.

Auf Notwehr kann man sich nur berufen, wenn die Notwehr geboten ist, um den Angriff abzuwehren. Hinter diesem Wort stecken folgende Einschränkungen: Bei Angriffen von Geisteskranken, Kindern oder total Betrunkenen kann es im Einzelfall zumutbar sein, dem Angriff auszuweichen und auf Gegenwehr zu verzichten (Beispiel: Ein Betrunkener, der kaum noch stehen kann und niemanden ernsthaft verletzen kann, holt zum Schlag aus). Wer einen Angriff (z. B. durch eine schwere Beleidigung des Angreifers) provoziert hat, muss dem Angriff möglichst ausweichen und darf sich nur sehr zurückhaltend verteidigen; wer einen Angriff nur deshalb provoziert, um den Angreifer „in Notwehr“ zusammenschlagen zu können, kann sich überhaupt nicht mehr auf Notwehr berufen. Bei einem unerträglichem Missverhältnis zwischen dem angegriffenen Rechtsgut (z. B. wenn es nur um 5 Euro geht) und dem durch die Verteidigungshandlung bedrohten Rechtsgut (z. B. dem Leben des Räubers) ist Notwehr ebenfalls nicht geboten.

Zum Abschluss noch folgende Hinweise:

  • Es ist wohl nicht erfolgversprechend und auch nicht erforderlich, den Angreifer auf die eigenen Kampfkunstkenntnisse hinzuweisen.
  • Wenn der Angreifer in Notwehr verletzt und geschädigt worden ist, kann er vom Angegriffenen keinen Schadensersatz z. B. für Arztkosten, Verdienstausfall oder zerrissenen Kleidung verlangen (vgl. §227 BGB).
  • Wenn der Verteidiger aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken zu weit geht und die Grenzen der Notwehr überschreitet, wird er nicht bestraft (§33 StGB, sog. Privileg des Angsthasen).
  • Wenn der Angreifer nach dem Kampf ärztliche Hilfe braucht und es möglich und zumutbar ist, einen Arzt zu rufen, muss das geschehen, aber nicht unbedingt durch den Angegriffenen selbst.
  • Anders als nach einem Verkehrsunfall muss man nach einer Schlägerei nicht warten, um die Feststellung der Personalien zu ermöglichen; gegenüber Polizeibeamten muss man die Personalien auf Anforderung angeben. Wer nach der Selbstverteidigung weggeht, erspart sich vielleicht eine Menge Zeit und Ärger und verringert das Risiko, dass der Angreifer im Laufe eines Strafverfahrens Namen und Anschrift erfährt und für Racheakte nutzt.
  • Bei einer Vernehmung (als Zeuge und/oder als Beschuldigter) sollte man jedenfalls klarstellen, dass der andere angegriffen hat und dass man sich dagegen gewehrt bzw. (bei einem Angriff auf einen Dritten) den Angegriffenen verteidigt hat. Inwieweit man ohne Rechtsanwalt darüberhinausgehende detaillierte Angaben machen sollte, hängt vom Einzelfall ab. Oft kann ein Laie gar nicht einschätzen, wie seine in der ersten Aufregung gemachten Angaben später juristisch gewürdigt werden. Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer das Gleiche. Für die Polizei, die Staatsanwaltschaft und – falls es zu einer Anklage kommt – für das Strafgericht ist es oft schwierig, den genauen Tathergang zu rekonstruieren. Zeugen können voreingenommen sein oder den Vorfall nur teilweise mitbekommen, z. B. den Angriff gar nicht gesehen haben.

Auf jeden Fall solltest Du folgendes beherzigen:
Einen Kampf zu vermeiden ist nicht feige, sondern klug.

Nachtrag

Einer unserer Wing Tsun Schüler, der im Sicherheitsdienst tätig ist, sprach uns darauf an, dass auch die Möglichkeit der Flucht vom Verteidiger in Betracht gezogen werden sollte. Er erwähnte einen Fall, wo jemand wegen Körperverletzung verurteilt wurde, mit der Begründung, er hätte ja auch flüchten können.